Keltenpodcast – Episode 1

Überblick: Archäologie


Signation und Outro, Musik: Tin whistle by louis_audp, shared on Freesound, CC Attribution 3.0 license
Jingle, Musik: Irish dancing by tim.kahn, shared on Freesound, CC Attribution 3.0 license


Archäologie ist für Viele eine abenteuerliche Schatzsuche mit versteckten Gräbern oder versunkenen Städten. Abseits von Buch oder Kinoleinwand ist Archäologie jedoch eine Wissenschaft, die sich mit den Hinterlassenschaften von Menschen beschäftigt, die praktisch überall auf der Welt und in allen Zeitschichten zu finden sind. Forschungsobjekt ist die materielle Kultur des Menschen – also alles was der Mensch erschaffen hat oder mit dem er interagiert, aber auch der Mensch selbst und was von ihm übrigbleibt. Der Forschungsschwerpunkt eines Archäologen hängt dabei stark von seinen wissenschaftlichen Fragestellungen ab.

Die materiellen Hinterlassenschaften, die von Archäologen untersucht werden, stammen vielfach aus dem Boden und werden normalerweise durch archäologische Ausgrabungen gewonnen. Bewegliche Funde und unbewegliche Spuren menschlichen Handelns im Boden, sogenannte Befunde, werden untersucht, analysiert, dokumentiert und präsentiert, damit im Idealfall alle daran teilhaben können. Und um dieses Ziel zu erreichen, bedienen sich die Archäologen unterschiedlicher geisteswissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Methoden. Die materiellen Hinterlassenschaften unterscheiden sich voneinander, je nachdem, in welcher Zeit und in welchem geografischen Raum sie geschaffen wurden. Sie werden daher zur besseren Einteilung in verschiedene Zeit Horizonte und Kulturgruppen unterteilt. Zum Beispiel die Einteilung urgeschichtlicher Funde, also Funde aus Zeiten vor dem Einsetzen schriftlicher, historischer Überlieferung. Diese wurden im Jahr 1837 in Stein-, Bronze und Eisenzeit unterteilt.

In diesem Sinne werden die Kelten von den Archäologen, vereinfacht ausgedrückt, in Mitteleuropa zunächst der Eisenzeit zugeordnet, die sich durch die Durchsetzung des neuen, härteren Materials Eisen gegenüber Bronze definiert, einer Legierung aus Kupfer und Zinn. Für das Kupfer gab es Alpenlagerstätten in Salzburg und Tirol. Das Zinn musste jedoch über große Distanzen transportiert werden. Mit dem Eisen verändert sich nun dieser bisherige Handel und bestehende Verbindungen. Eisen konnte im Gebiet des heutigen Österreich lokal gewonnen, verhüttet und weiterverarbeitet werden. Besonders bekannt wird Eisen aus jenem Teil des heutigen Österreichs, das unter dem Namen Regnum Norcium bekannt ist – Ferrum Noricum, also das Norische Eisen.

Noch im 19. Jh. wird die Eisenzeit weiter unterteilt, in eine ältere Hallstatt- und eine jüngere Latènezeit. Beide sind nach berühmten Fundorten in Österreich bzw. der Schweiz benannt. Jede dieser Phasen weist ihr zugehörige, charakteristische Funde auf. Neben der chronologischen Einteilung ist auch eine reine Gliederung nach Quellenarten möglich. Eine der ursprünglichsten Methoden ist es, Fundobjekte eines oder mehrerer Fundorte miteinander zu vergleichen und in Zusammenhang zu setzen. Daneben gibt es auch naturwissenschaftliche Methoden, die vermehrt herangezogen werden, um Funde und Befunde zuzuordnen. Die bekannteste davon dürfte die C14-Methode sein, auch Radiocarbon-Datierung genannt. Dabei wird die Abnahme und der Zerfall des radioaktiven Kohlenstoff-Isotopes C14 gemessen. Stirbt der Organismus, wird kein weiterer Kohlenstoff mehr aufgenommen und die bereits eingelagerten, instabilen C14-Isotope beginnen langsam zu zerfallen. Misst man nun diesen Zerfallswert im Gewebe, lässt sich errechnen, wann der untersuchte Organismus gestorben ist und damit sein absolutes Alter bestimmen.

Das eisenzeitliche Europa gliedert sich in zwei Phasen. Die erste Phase ist die sogenannte jüngere Hallstattzeit, und zwar nur die Jüngere. Denn die ältere Hallstattzeit gehört noch zur vorausgehenden Bronzezeit. Zwischen diesen beiden Phasen der bronzezeitlichen älteren und der eisenzeitlichen jüngeren Hallstattzeit lässt sich allerdings kein eindeutiger, scharfer Kulturbruch feststellen. Die jüngere Hallstattzeit und somit die Eisenzeit beginnt in Mitteleuropa in absoluten Zahlen gesprochen erst ab ca. 800 vor Christus. Der namensgebende Fundort Hallstatt befindet sich im oberösterreichischen Salzkammergut. Die Materialkultur von Hallstatt beginnt bereits in der Bronzezeit und setzt sich dann, wenn auch mit gewissen Änderungen, in der Eisenzeit fort. Geht man ungefähr von Osten nach Westen, so erstreckte sich allein die Hallstattkultur von Ostfrankreich, in die Schweiz, Süddeutschland, über Tschechien, Österreich bis nach Slowenien und Ungarn. Kennzeichnend für die Hallstattkultur sind befestigte Höhensiedlungen und monumentale Hügelgräber, die prestigeträchtige Luxusgüter als Beigaben aufweisen und damit auch Kontakte aus dem Mittelmeerraum erkennen lassen. In der Hallstattzeit starten neben den archäologischen Quellen auch die ersten literarischen Erwähnungen der Kelten, ab dem 6.Jh. vor Christus.

Anschließend an die jüngere Hallstattzeit folgt ab ca. 450 vor Christus die Latènezeit. Im Übergang dieser Phasen sehen wir eine gewissen Kontinuität, und weniger einen eindeutigen Bruch in der materiellen Kultur. Der namensgebende Fundort der Latènezeit befindet sich in der gleichnamigen Gemeinde der Westschweiz. Die Latènekultur erstreckt sich geografisch noch weiter als die Hallstattkultur. Im Nordwesten hinauf bis auf die Britischen Inseln und im Südosten in einigen vereinzelten Beispielen sogar bis nach Kleinasien. In dieser Zeit werden die alten hallstattzeitlichen Zentralsiedlungen und die reich ausgestatteten Gräber aufgegeben, neue Machtzentren entstehen. Einhergehend tritt auch ein neuer Kunststil auf, der sich rasch in Europa ausbreitet. Die genauen Gründe hierfür sind umstritten. Das sind die übergreifenden Merkmale der Latènezeit. Daneben gibt es aber auch andere Merkmale, wie z.B. architektonisch gestaltete Kultplätze, die in der Hallstattzeit entweder fehlen oder nur schwer zu erkennen sind. Sie zeigen sich in der Latènezeit hauptsächlich in Frankreich, sind aber in einzelnen Fällen auch in Österreich fassbar.

Spricht man in der Archäologie von der „keltische Kultur“ der Eisenzeit bezieht man sich meistens auf die materielle Kultur der Latènezeit. Einen letzten neuen Zentralisierungsschub gibt es dann in der späten Latènezeit, im 2. bis 1. Jh. vor Christus, mit der Errichtung der sog. Oppida. Das sind schon stadtähnliche Anlagen. Die Latènezeit läuft bis etwa zur Zeitenwende, wo ihre materielle Kultur, je nach Region, langsam, aber stetig durch römische oder sogenannte germanische Hinterlassenschaften abgelöst wird. Die genannten zeitlichen Datierungen beziehen sich auf Mitteleuropa und sind nicht mit der Ausbreitung der Eisenzeit in der Ägäis, Mittel- und Süditaliens oder Nordeuropas vergleichbar. Darunter fallen auch die Britischen Inseln und Irland, wo zum Beispiel die Eisenzeit erst um 600 vor Christus beginnt, nicht so wie in Mitteleuropa schon um 800 vor Christus.

So werden also die Kelten gerne als Hauptträger der eisenzeitlichen Materialkultur und im speziellen der Latènekultur angesehen. Ob allerdings jeder Träger oder jede Kulturgruppe von materiellen Hinterlassenschaften mit latènezeitlichen Merkmalen als Kelte bezeichnet werden darf, ist fraglich. Nicht überall, wo latènezeitliches Kulturgut zutage kommt, befanden sich auch Kelten. Und umgekehrt gibt es mancherorts Hinweise über das Vorhandensein von Kelten durch Sprache oder antike Texte, wo keine dem Latènestil annährend ähnliche materielle Kultur nachweisbar ist. Sogar bei Übereinstimmungen in der materiellen Kultur sind keine einheitlichen gesellschaftlichen Schlüsse möglich, etwa auf eine einheitliche keltische Religion anhand ähnlicher Grabsitten.