Keltenpodcast – Episode 4

Die Kelten im Altertum


Signation und Outro, Musik: Tin whistle by louis_audp, shared on Freesound, CC Attribution 3.0 license
Jingle, Musik: Irish dancing by tim.kahn, shared on Freesound, CC Attribution 3.0 license


Das Altertum ist ein sehr weitgefasster Zeitraum, der sich in etwa von Mitte des 4. Jahrtausend v. Chr. bis zum Ende der Antike beziehungsweise dem Untergang des römischen Reiches im 5. Jahrhunderts n. Chr. erstreckt. Die Erzählungen, die uns aus der Antike über die Kelten erhalten sind, stammen aus den Schriften diverser antiker, zumeist römischer und griechischer, Autoren. Heute existiert von diesen Zeugnissen leider nur mehr ein Bruchteil. Die ersten allgemeinen Erwähnungen über die Kelten stammen in etwa aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Je nach Ansiedlungsort und Sprachgebrauch waren die Kelten in der Antike als Keltoi, Celtae, Galli, Celitberi oder Galatai bekannt oder zu Deutsch eben als Kelten, Keltiberer, Gallier oder Galater. Man kann bei diesen Namen aber davon ausgehen, dass es sich hierbei um Fremdbezeichnungen handelt. Eine weitere Bezeichnung für die Kelten war Barbaroi – Barbaren.

Eine recht unspezifische Bezeichnung, denn insbesondere die Griechen haben alle als Barbaren bezeichnet, die einer fremden Kultur angehörten und nicht der griechischen Sprache mächtig waren – also so ziemlich jeden außer sich selbst. Zu beachten ist auch, dass die erhaltenen Berichte sehr oft mit großem zeitlichen Abstand zu den Geschehnissen aufgezeichnet wurden. Das heißt, der Autor hat das betreffende Ereignis oft nicht selbst miterlebt, sondern stützt sich auf mündliche oder nicht erhaltene schriftliche Erzählungen bzw. hat diese teilweise einfach kopiert. So wurden Fehlinformationen übernommen und Vorurteile wie Verallgemeinerungen verbreitet, da diese Berichte oft einer subjektiven oder politischen Agenda unterworfen waren. Von einer neutralen Berichterstattung war man in der Antike zumeist weit entfernt. Es wurde sehr oft nur über Thematiken oder Personengruppen geschrieben, wenn diese gerade in die allgemeine Aufmerksamkeit rückten. Die Kelten waren für die Autoren immer dann besonders interessant, wenn es positive oder negative Berührungspunkte gab oder sie aus anderen Gründen das Interesse von Schriftstellern geweckt haben. Deshalb kann man sich denken, dass die keltischen Stämme, die friedlich an einem Randgebiet zu den Römern oder Griechen gelebt haben, nicht allzu oft als Hauptfiguren in Geschichtsbücher eingegangen sind. Gab es wie zum Beispiel in der späteren Provinz Noricum auf dem Gebiet des heutigen Österreich friedlichen Austausch zwischen Römern und Kelten, erfährt man Details darüber nicht aus einer literarischen Quelle, sondern eher aus archäologischen Befunden. Bedenkt man auch noch den minimalen Auszug der Berichte, die uns überhaupt noch erhalten geblieben sind, haben wir keinesfalls ein zusammenhängendes Bild oder eine wirkliche Geschichte der Kelten.

Das Image der Kelten in der Antike war durchwachsen. Während zu Beginn der Aufzeichnung die Berichte noch eher beobachtend waren, werden diese ab Ende des 5. Jhd. v. Chr. zunehmend negativer – unter anderem auch bei Platon und Aristoteles. In Bezug auf die Kelten finden sich immer wieder sogenannte Topoi, also gewisse Eigenschaften und Thematiken, die den Kelten zugesprochen beziehungsweise bei ihrer Nennung auftauchen und die laufend wiederholt werden. Kriegslüstern, unbeherrscht, unzivilisiert, habgierig, trunksüchtig oder treulos sind nur einige davon. Man kann sagen, dass das Keltenbild der meisten antiken Autoren mit fortschreitender Zeit teilweise sogar verachtend war, wie zum Beispiel bei Livius im 1. Jhd. v. Chr. sehr gut erkennbar. Die Autoren betonen diese genannten Eigenschaften teilweise übermäßig, um das ehrenhafte Verhalten und die glorreichen Taten des eigenen Volkes hervorzuheben und von eventuellen Misserfolgen abzulenken.

Aus diesen Gründen muss man den Erzählungen über die Kelten kritisch begegnen und sollte sie nicht für bare Münze nehmen. Idealerweise werden sie immer im Kontext der archäologischen und sprachwissenschaftlichen Belege betrachtet. Dass die Kelten das erste Mal nachhaltig und ausführlich in der Literatur ihren Platz fanden, verdanken wir einem für die Römer äußerst traumatisierenden Zusammenstoß mit einem keltischen Stamm im Jahre 387 v. Chr. Bei der Schlacht an der Allia besiegten die Kelten die Römer und beschlossen weiter nach Rom zu ziehen. Dort angekommen nahmen sie die Stadt ein und belagerten das Kapitol. Für ihren Abzug fordern sie horrende Lösegeldsummen und verspotten mit ihrem Verhalten die Römer. Diese Demütigungen und der wüste Eindruck, den die Kelten hinterließen, waren so prägend, dass sie für die Römer zum Angstgegner schlechthin wurden. Daraus entstand der sogenannte „Metus Gallicus“ – also „Die Furcht“ oder auch „Die Panik“ vor den Galliern – der für lange Zeit im römischen Bewusstsein verankert blieb. Als Teil der Geschichtsschreibung, ausgeschmückt und mit diversesten Geschichten und Legenden versehen, immer wieder aufs Neue erzählt, erschienen jedoch die Römer in einem nicht ganz so schlechten Licht. Es ist zudem eine der bekanntesten Episoden des römisch keltischen literarischen Kontakts. Im Allgemeinen kann man von der dauerhaften Ankunft der Kelten in Italien etwa vom Ende des 5. beziehungsweise den Anfang des 4. Jahrhunderts ausgehen. Literarisch ranken sich um die Ansiedelung der Kelten in Italien viele Mythen und Legenden, die von den meisten Autoren zeitlich in starke Nähe zum Sturm auf Rom gesetzt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Einwanderung der Kelten in Oberitalien bereits etwas früher und in mehreren Wellen stattgefunden hat. Das negative Bild, dass, sich seit ihrer Ankunft etabliert hat, zog jedoch weite Kreise.

Wenn wir einen Blick auf das Gebiet werfen, in dem sich die Kelten in der Antike ausgebreitet beziehungsweise durchwandert haben, so erstreckt es sich in etwa von der iberischen Halbinsel im Westen bis nach Kleinasien im Osten und den britischen Inseln im Norden. Der westlichste Punkt, an dem die Kelten in der Antike zu finden waren, ist die Iberische Halbinsel. Wann diese Besiedelung begonnen hat und die Kelten dorthin wanderten, lässt sich nicht genau sagen. Auch hier bringt erst die Berührung mit den Römern im 3. Jahrhundert genauere Informationen. Mit dem 2. Punischen Krieg – ab 218 v. Chr. – taucht die Bezeichnung Keltiberer auf, die bei manchen Autoren lediglich „Kelten auf der iberischen Halbinsel“, als Synonym für die dort lebenden keltischen Stämme, bezeichnet werden. Bei anderen Autoren bezeichnet dies keltisierte Teile der Iberischen Bevölkerung. In Spanien, aber natürlich auch noch mehr in Italien, gab es zwischen den keltischen Stämmen und den Römern immer wieder heftigere kriegerische Auseinandersetzungen, die mit der Ausbreitung des römischen Reiches und der Vereinnahmung der Gebiete sukzessive im Lauf des ersten Jhd. v. Chr. ein Ende nahmen.

Betrachten wir den Bereich Mittel- und Osteuropas, gibt es wenige literarische Quellen und wir sind in erster Linie auf archäologisches Beweismaterial angewiesen. Ab dem 2. Jahrhundert gibt es in Bezug auf den Alpenraum immer wieder Erwähnungen durch vermehrte Kontakte, da die Römer insbesondere an den Bodenschätzen in diesem Bereich interessiert waren. Eine etwas bekanntere Episode ist die 113 v. Chr. stattgefundene Schlacht zwischen den germanischen Teutonen und Römern bei der keltischen Stadt Noreia, die vermutlich im südöstlichen Bereich des heutigen Österreichs gelegen haben muss. Die endgültige Eroberung des zentralen Alpenraums durch die Römer begann 16. v. Chr., verlief weitgehend friedlich und war im Jahr 15. v. Chr. bereits abgeschlossen. Bezüglich der Wanderbewegungen in Richtung des osteuropäischen Bereichs hingegen ist man literarisch minimal besser unterrichtet. Man weiß, dass diese Wanderungen im 4. Jhd. v. Chr. bereits stattfanden, dass Kelten über den Balkan in Richtung Griechenland gezogen sind, doch es nie geschafft haben, sich dort endgültig festzusetzen. Literarischen Widerhall fand auch eine Anekdote des Besuchs einer keltischen Gesandtschaft bei Alexander dem Großen. Man geht davon aus, dass dieses Aufeinandertreffen 335 v. Chr. stattgefunden hat und dass die Gesandtschaft aus dem Bereich des heutigen slowenisch-kroatischen Raum stammte. Auf die Frage von Alexander, wovor sie denn am meisten Angst hätten, antworteten die Kelten, dass ihre größte Furcht sei, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fiele. Auch der Feldzug des Anführers Brennos im 3. Jahrhundert vor Christus hat Einzug in die Geschichtsbücher gefunden. Die ursprünglich aus mehreren Heerestruppen bestehende, kriegerische Keltenschar durchzog Makedonien und Griechenland. Eine Gruppe unter der Führung von Brennos griff 279 v. Chr. – also circa 100 Jahre nach dem Sturm auf Rom – das Heiligtum in Delphi an und sorgte für großen Aufruhr in der antiken Welt. Auch splittete sich ein relativer großer Tross Kelten ab, der dann weiter nach Kleinasien zog, sich nochmals in drei größere Verbände aufteilte und dort ansiedelte. Im heutigen Sprachgebrauch werden diese Kelten als Galater bezeichnet und auch sie verloren ihre Eigenständigkeit schließlich durch die Ausbreitung des römischen Machtgebietes.

Im heutigen Frankreich lag das damalige Gallien – das den meisten vermutlich durch die Asterix-Comics bekannt ist. Tatsächlich ist von der Besiedelung in Gallien durch die Schriftsteller der Frühzeit nicht viel bekannt und auch hier ist auf archäologische Quellen zurückzugreifen. Bereits 121 v. Chr. wurde in Gallien eine gleichnamige römische Provinz eingerichtet. Aber eines der bedeutendsten Zeugnisse ist in die 50er Jahre des 1. vorchristlichen Jahrhunderts zu datieren: die „Comentarii de Bello gallico“ – „Berichte des gallischen Krieges“ von Gaius Julius Caesar. Dieses 8 Bände umfassende Werk widmet sich in literarischer Form dem Feldzug in Gallien von 58 – 50 v. Chr. und beschreibt unter anderem auch Eigenheiten und Sitten der Gallier. Eigentlich waren die Comentarii eine Verteidigungsschrift vor dem Senat, denn es fehlte die Erlaubnis, den Feldzug in diesen Ausmaßen durchzuführen. Zu Beginn der römischen Herrschaft gab es im ersten vor- und ersten nachchristlichen Jahrhundert immer wieder erfolglos Aufstände gegen die Römer.

Die Kelten in Irland und Großbritannien wiederum sind eine eigene Geschichte. Da die Römer sich nie in Irland etabliert hatten, ist auch über die Geschichte der Kelten in Irland zu dieser Zeit kaum etwas bekannt. So bleiben auch hier nur archäologische Erkenntnisse. Auch in Großbritannien kam es erst im Rahmen von Caesars Gallien Feldzug das erste Mal zu einer römischen Expedition und folglich zu literarischen Darlegungen. Die ersten Feldzüge in Großbritannien fanden dann unter Kaiser Claudius ab 43 n. Chr. statt und ermöglichten es, sich in einem relativ großen Gebiet in Britannien festzusetzen. Nördlich bis in den Bereich des heutigen Schottlands, wo sie sich gegen immer wieder aus dem Norden einfallende Pikten zur Wehr setzen mussten. Die Herrschaft der Römer in Britannien war allgemein nie so stabil wie auf dem Kontinent und konnte diversesten Einfällen von allen Seiten zu Beginn 5. Jahrhunderts schließlich nicht mehr standhalten.

Zusammenfassend lässt sich also über die Kelten im Altertum festhalten: die Informationen und Angaben literarischer Quellen sind reflektiert und mit Vorsicht zu behandeln. Generell sind Informationen zu den Kelten im Altertum vorhanden, sobald es für römische und griechische Autoren relevante und damit berichtenswerte Kontakte oder Ereignisse gab. Das Gebiet, das die Kelten durchwanderten und in dem sie sich ausbreiteten war sehr weitläufig. Ihre Lebensräume und ihre Eigenständigkeit wurden durch die zunehmende Ausbreitung und Etablierung des römischen Reiches zurückgedrängt, die Kelten mehr und mehr assimiliert im römischen Reich.